Es geht um den Datenschutz nach der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO der Europäischen Union, die auch in Deutschland gilt. Verbietet die DS-GVO, dass Arbeitgeber kündigen, wenn sich die Kündigungsgründe aus privaten WhatsApp Nachrichten von Mitarbeitern ergeben?
⇒ Folgender Fall als Beispiel für die Beantwortung der Frage
Ein Arbeitgeber kündigte ein Arbeitsverhältnis, weil private WhatsApp Nachrichten eines Mitarbeiters Beleidigungen und üble Nachrede gegen ihn enthielten; insbesondere waren dem Arbeitgeber mit negativer Wertung bestimmte politische Grundhaltungen unterstellt worden. Über WhatsApp fand regelmäßig ein Nachrichtenaustausch privat zwischen 3 Arbeitskollegen statt, die Chatprotokolle waren dem Arbeitgeber zugespielt worden.
⇒ Die Entscheidung
Ein Landesarbeitsgericht (LAG) hat hier entschieden, dass die Kündigung nicht wegen Verstoßes gegen den Datenschutz unwirksam war.
Die Gründe der Entscheidung des LAG: Die DS-GVO schützt Arbeitnehmer*innen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Arbeitgeber, Artikel 1 Absatz 1 DS-GVO. Die Inhalte der privaten WhatsApp Nachrichten sind personenbezogene Daten des betroffenen Arbeitnehmers und deshalb geschützt, Artikel 4 Nr. 1 DS-GVO. Der Arbeitgeber hat die ihm zugespielten Chatprotokolle als Kündigungsgründe genutzt und mit ihnen vor Gericht die Kündigung begründet; damit hat er die persönlichen Daten verarbeitet, Artikel 4 Nr. 2 DS-GVO. Eine Verarbeitung persönlicher Daten liegt nicht nur bei automatisierter Verarbeitung vor, sondern auch bei strukturierter manueller Aufbereitung der Daten; das ist ein Dateisystem und wird von der DS-GVO erfasst, Artikel 4 Nr. 6 DS-GVO.
Auch das Gericht hat aus denselben Gründen personenbezogene Daten des Mitarbeiters verarbeitet, auch für das Gericht gilt deshalb die DS-GVO.
Für Arbeitgeber und Gerichte ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten zunächst einmal verboten, wenn sie Informationen über rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder eine Gewerkschaftsangehörigkeit enthalten, Artikel 9 Nr. 1 DS-GVO. Ausnahmen von diesem Verbot sind in Artikel 9 Nr. 2 DS-GVO geregelt.
Im Fall urteilte das LAG, dass Ausnahmen von einem Verbot nach Artikel 9 Nr. 2 Buchstaben f und g DS-GVO vorliegen: Der Arbeitgeber durfte die Daten nutzen, weil er seine Rechte aus einem Arbeitsverhältnis verfolgen darf; dazu gehört auch, beim Arbeitsgericht eine Kündigung durchzusetzen. Dann ist die Verarbeitung der persönlichen Daten durch Arbeitgeber zunächst einmal zur Wahrung ihrer berechtigten Interessen erforderlich, Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben f DS-GVO.
Im entschiedenen Fall war auch noch zu klären, ob der Arbeitgeber die Chatprotokolle nutzen durfte, obwohl die Nachrichten auch Gesundheitsdaten des Arbeitnehmers enthielten. Das LAG sah darin kein Hindernis, weil es bei der Frage der Kündigung um Beleidigungen und üble Nachrede gegen den Arbeitgeber ging; die Gesundheitsdaten spielten für diese Frage keine Rolle.
Schließlich hatte der Arbeitnehmer der Verarbeitung seiner persönlichen Daten widersprochen. Arbeitnehmer haben dieses Widerspruchsrecht, wenn sich aus ihrer besonderen Situation besondere Gründe für einen Widerspruch ergeben, Artikel 21 Absatz 1 DS-GVO. Das LAG urteilte auch hier, dass es keine besondere Situation gebe, die dem Arbeitgeber die Nutzung der persönlichen Daten verbiete, um sich gegenüber den Beleidigungen und der üblen Nachrede zu wehren.
Resümee:
Die DS-GVO verbietet nicht grundsätzlich, dass Arbeitgeber persönliche Daten von Arbeitnehmern nutzen, um ihr arbeitsrechtliches Kündigungsrecht eines Arbeitsvertrages durchzusetzen. Aber Grundrechte der Mitarbeiter und deren Interessen sind zu berücksichtigen; sie sind gegen die Interessen des Arbeitgebers an der Nutzung persönlicher Daten abzuwägen.
Zu weiteren arbeitsrechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang
> Kündigung durch Arbeitgeber nach privaten Chat´s unter Arbeitskollegen