Arbeitsverträge schriftlich, mündlich, faktisch

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Schriftliche, mündliche, faktische Arbeitsverhältnisse: Ist ein Arbeitsverhältnis mündlich oder nur schriftlich wirksam? Kann ein Arbeitsverhältnis faktisch bestehen, d.h. ohne eine Vereinbarung?
Bei der ersten Frage spielen rechtliche und praktische Überlegungen eine Rolle.
Die zweite Frage hat Bedeutung, wenn es darum geht,
– ob ein Beschäftigter in der Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und
Rentenversicherung) versichert ist, oder
– wieviel Lohn er beanspruchen kann oder auch,
– wenn ein als selbstständig Arbeitender gar nicht selbstständig ist.
⇒ Zur ersten Frage: Schriftliches oder mündliches Arbeitsverhältnis
• Rechtliche Überlegungen: Gesetze
Gesetze können vorschreiben, dass ein Arbeitsverhältnis schriftlich vereinbart werden muss. Wenn das so ist, ist ein mündlicher Arbeitsvertrag unwirksam.
> Ein befristeter Arbeitsvertrag
muss nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) schriftlich abgeschlossen werden.
> Bei der Arbeitnehmerüberlassung
werden nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) 2 Verträge abgeschlossen. Bei der Arbeitnehmerüberlassung spielen 3 Personen eine Rolle: Der Verleiher hat Mitarbeiter angestellt; ihre Arbeit erledigen die Mitarbeiter beim Entleiher.
Zwischen Verleiher und Entleiher gibt den sog. Überlassungsvertrag; danach muss der Verleiher dem Entleiher Mitarbeiter zur Verfügung stellen.
Und es gibt einen Arbeitsvertrag, den Verleiher und Mitarbeiter abschließen.
Der Überlassungsvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden, der Arbeitsvertrag ist auch mündlich wirksam.
> Ausbildungsverträge
müssen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) schriftlich abgeschlossen werden.
Bei einem schriftlichen Vertrag kann man auch bei der Schriftform selbst Fehler machen; dann ist der Vertrag auch unwirksam.
Zur Schriftform vgl. > Arbeitsvertrag, Inhalte, Beendigung, Arten
• Rechtliche Überlegungen: Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen
Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können eine Schriftform für Arbeitsverträge vorschreiben.
Wenn das so ist, ist es anders als bei Gesetzen nicht immer klar, ob mündliche Verträge unwirksam sind. Man muss immer prüfen, wie die Regelung im Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung gemeint ist. Es kann z.B. gemeint sein, dass nur bestimmte Dinge schriftlich vereinbart sein müssen, oder dass eine Schriftform nur empfohlen wird.
Zur Geltung von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen vgl. den Link oben, Arbeitsvertrag: Inhalte, Beendigung, Arten.
• Rechtliche Überlegungen: Arbeitsvertrag
Eine Schriftform kann im Arbeitsvertrag selbst vereinbart sein. So kann dort vorgesehen sein, dass Vertragsänderungen nur schriftlich vereinbart werden können.
Auch hier gilt, dass nicht immer klar ist, ob mündliche Vereinbarungen dann unwirksam sind. Auch dazu muss man prüfen, wie die Vereinbarung gemeint ist.
Im anderen Fällen ist ein mündlicher Arbeitsvertrag wirksam.
• Rechtliche Überlegungen: Nachweisgesetz (NachwG)
Nach dem NachwG gibt es eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, Mitarbeitern bestimmte Vertragsbedingungen schriftlich auszuhändigen.
Vgl. dazu > Nachweisgesetz, Arbeitgebern drohen Bußgelder
Das heißt aber nicht, dass mündliche Vereinbarungen unwirksam sind.
Wenn der Arbeitgeber aber gegen diese Verpflichtung verstößt, können Mitarbeiter evt. Schadensersatz geltend machen. Ein Schaden kann sich z.B. ergeben, wenn sie Rechte nicht geltend gemacht haben, weil sie sie nicht kannten.
• Praktische Überlegungen: Beweisproblem bei nur mündlichem Vertrag
Es ist nicht sinnvoll, einen Arbeitsvertrag nur mündlich abzuschließen; er bringt nicht viel, wenn es Streit gibt. Das gilt für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer. Wer aus einem Arbeitsvertrag Rechte herleiten will, muss beweisen, dass diese bestehen. Das wird meistens nur mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag gelingen.
Eine ganz andere Frage ist, wie ausführlich ein schriftlicher Arbeitsvertrag sein muss. Hier gibt es Interessenkonflikte: Für Arbeitgeber geht es darum, möglichst flexibel zu bleiben und nicht bei jeder Änderung den Arbeitsvertrag ändern zu müssen. Für Arbeitnehmer geht es darum, dass möglichst klar alle „Spielregeln“ vereinbart werden.
⇒ Zur zweiten Frage: faktisches Arbeitsverhältnis
Es kann sein, dass jemand für einen anderen arbeitet,
– aber nichts dazu vereinbart haben oder
– etwas nur mündlich vereinbart haben, dies aber unwirksam ist, weil eine schriftliche Vereinbarung notwendig war.
Dann besteht ein faktisches Arbeitsverhältnis, wenn der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, und der Chef ein umfassendes Weisungsrecht hat. Das Weisungsrecht muss sich dabei darauf beziehen, wann, wie lange, wie und wo gearbeitet werden muss.
Unter anderem diese Kriterien können auch zu einem faktischen Arbeitsverhältnis führen, wenn ein Selbstständiger tatsächlich Arbeitnehmer ist.
Vgl. zu diesen sog. Scheinselbstständigen
> Scheinselbstständig oder abhängig beschäftigt – Pflegefachkraft
Wenn ein faktisches Arbeitsverhältnis besteht, kann der Beschäftigte in der Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu versichern sein, und er hat Anspruch auf den Lohn, der für seine Arbeit üblicherweise gezahlt wird.