Ebay Auktion – Schadensersatz des Käufers, wenn der Verkäufer die Auktion abgebrochen hat?

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Es geht bei diesem Thema um sogenannte Abbruchjäger bei Ebay; sie recherchieren systematisch Ebay Auktionen und beteiligen sich als Käufer mit bewusst sehr geringen Angeboten; diese Angebote sind weit unter Marktpreis der angebotenen Waren oder auch weit unter dem Mindestpreis, wenn ein Verkäufer einen solchen benannt hat. Wenn ihr Angebot als letztes gültig ist, verlangen die Abbruchjäger Schadensersatz vom Verkäufer. Das kann gelingen, weil zum Beispiel dem Verkäufer die Angebotspreise zu niedrig sind, und er die Auktion abbricht, oder weil der Verkäufer bei seiner gestarteten Auktion formelle Fehler gemacht hat. Es stellt sich die Frage, ob dem Abbruchjäger Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden kann, weil  er einen typischen Kaufvertrag über Ebay nur zur Gewinnmaximierung genutzt hat und im Gegensatz zu einem typischen Käufer gar nicht an der Ware selbst interessiert war. Dann wäre der Kaufvertrag nicht wirksam.


Beispiele:


* Ein Verkäufer startete eine Auktion zum Verkauf eines VW Golf mit einem Angebotspreis von 16.500 €; ein Abbruchjäger bot 1,50 €. Der Verkäufer brach danach die Auktion ab, nachdem keine weiteren Angebote eingingen. Er eröffnete einen neue Auktion, bei der er selbst immer neue Angebote einstellte; so trieb er den Preis hoch und verkaufte schließlich den Golf an einen Bieter für 17.000 €. Der Abbruchjäger aus der ersten Auktion verlangte vom Verkäufer Schadensersatz, weil er den Golf für 1,50 € gekauft habe.
* In einem anderen Fall bot ein Verkäufer in einer Auktion ein gebrauchtes Motorrad an. Ein Abbruchjäger bot 1 €, weitere höhere Angebote gingen nicht ein. Der Verkäufer weigerte sich verständlicherweise, das Motorrad für 1 € abzugeben. Er stoppte die Auktion, weil der das Motorrad falsch beschrieben hatte und eröffnete eine neue. Der Abbruchjäger verlangte vom Verkäufer Schadensersatz in Höhe von 4899,- €; dieser Betrag entsprach dem Marktwert des Motorrades.
aktueller Fall
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen Fall eines besonders aktiven Abbruchjägers entschieden.
Der Verkäufer hatte eine Ebay Auktion gestartet, in der er einen Reifensatz Pirelli mit einem Startpreis von 1 € anbot. Der Verkäufer brach die Auktion irgendwann vor ihrem offiziellen Ende ab, weil die Preisgebote für ihn nicht attraktiv waren. Ein Käufer hatte ein letztes Gebot in Höhe von 201 € vor Beendigung der Auktion abgegeben. Der Verkäufer weigerte sich, dem Käufer die Reifen zu liefern; der Käufer mahnte den Verkäufer, und er setzte ihm eine Frist zur Lieferung; nach erfolglosem Fristablauf klagte der Käufer auf Schadensersatz.
Dabei muss man zunächst verstehen, dass ein Schadensersatzanspruch auch einen entgangenen Gewinn umfasst, damit letztlich also den objektiven Wert der Pirelli Reifen; dieser lag für einen Satz dieser Reifen bei 1500,00 € ! Im Prozess stellte sich heraus, dass unser Käufer ein sehr aktiver Abbruchjäger war; er hatte sich allein über einen Zeitraum von 2 Jahren bei rd. 4000 Auktionen beteiligt und Kaufangebote von insgesamt unglaublichen rd. 52 Millionen € abgegeben.
Der Verkäufer wehrte sich im Prozess gegen die Klage hauptsächlich mit 2 Argumenten:
Der Käufer habe generell gar kein Interesse an dem Kauf gehabt. Er sei ja offensichtlich nur ein Schnäppchenjäger, der darauf spekuliert habe, dass die Auktion abgebrochen werde, um dann Schadensersatzansprüche geltend machen zu können. Das sehe man ja auch schon daran, dass er Angebote über rd. 52 Millionen € abgegeben habe; soviel hätte er ja nie bezahlen können, deshalb habe er auch darüber getäuscht, dass er die Kaufpreise tatsächlich zahlen könne.
Der Käufer habe auch an den Reifen selbst offensichtlich kein Interesse gehabt. Das sehe man ja schon an seinen massenhaften Kaufangeboten in den 2 Jahren; so viel Interesse an konkret zu kaufenden Sachen sei gar nicht denkbar.
Der Käufer hat den Prozess dennoch gewonnen.
Die Entscheidung
Der BGH hat seine Entscheidung so begründet: Es war ein wirksamer Kaufvertrag über die Reifen zum Preis von 201 € geschlossen worden: Bei einer Auktion ist der Verkäufer an die Auktionsfristen gebunden; wann ein Verkäufer ausnahmsweise eine Auktion vorzeitig abbrechen darf, hat Ebay in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) geregelt, und daran muss sich ein Verkäufer halten. Danach durfte der Verkäufer in diesem Fall die Auktion nicht vorzeitig  beenden.
Der Vertrag war auch nicht sittenwidrig. Auch wenn der Käufer diese riesige Summe an Kaufangeboten abgegeben hatte, heißt das noch nicht, dass man ihm unterstellen kann, er habe gar keine Kaufverträge gewollt, sondern nur auf ein Scheitern der Auktionen spekuliert. Man könne diese Absicht auch insbesondere nicht einfach daraus ableiten, dass der Käufer die angebotenen Kaufsummen gar nicht hätte bezahlen können. Denn es ist typisch für den normalen Verlauf einer Auktion, dass Kaufangebote, die weit unter dem Marktwert liegen, überboten werden. Deshalb habe der Käufer erst gar nicht damit rechnen müssen, dass er diese hohen Summen tatsächlich auch aufbringen musste. Und deshalb könne man  dem Käufer auch nicht unterstellen, er habe über seine Bereitschaft bzw. seine Fähigkeit, die Kaufpreise zahlen zu wollen bzw. zahlen zu können, getäuscht.
Man könne dem Käufer des Weiteren nicht einfach unterstellen, dass er kein Interesse an den Reifen selbst gehabt habe und daher gar keinen Vertrag schließen, sondern diesen nur für Schnäppchenzwecke ausnutzen wollte. Selbst wenn der Käufer den Satz Räder nicht für sich selbst sondern für einen anderen kaufen wollte, oder wenn er ihn verschenken oder mit Gewinn weiterverkaufen wollte, wären das alles legitime Kaufmotive.
Und schließlich könne man aus dem Verhalten des Käufers aus den zwei Jahren mit den hohen Kaufangeboten nicht einfach schließen, dass er bei diesem konkreten Reifenkauf sittenwidrige Absichten gehabt habe.
Der BGH ist in früheren Entscheidungen anders als hier auch schon zum Ergebnis gekommen, dass Verträge über Ebay durchaus sittenwidrig sein können. Im genannten Beispiel des Motorrades hat der Käufer den Prozess verloren. Hier konnte nachgewiesen werden, dass der Käufer bereits andere Prozesse auf Schadensersatz geführt hatte. Daraus wurde abgeleitet, dass er nicht wie ein typischer Käufer an den Waren selbst interessiert gewesen sei.
Der Käufer hat auch einen Prozess verloren, in dem der Verkäufer nach dessen letztem sehr niedrigem Angebot eine Auktion gestoppt und eine neue Auktion gestartet hatte. Das hatte der Käufer bemerkt, in der neuen Auktion aber nicht mitgeboten. Er machte erst zu einem späteren Zeitpunkt Schadensersatzansprüche gegen den Verkäufer geltend, als er davon ausgehen konnte, dass die Ware in der zweiten Auktion erfolgreich verkauft worden war. Aus diesem Verhalten wurden sittenwidrige Absichten des Käufers geschlossen.
Im genannten Beispiel des Golf hat der Käufer dagegen den Prozess gewonnen. Die eigenen Angebote des Verkäufers wurden insgesamt für unwirksam erklärt; der Käufer erhielt Schadensersatz in Höhe von 16.498,50 € (Wert des Golf 16.500 € – Gebot von 1,50 €).
Konsequenzen
Auf der Käuferseite gibt es offensichtlich Profis. Es geht am Ende also darum, sich als Verkäufer vor einem Prozesse gut zu überlegen, ob und was man beweisen kann. Ein Problem ist dabei, dass Auktionsjäger häufig über verschiedene Email – Adressen auftreten. Da der Verkäufer Beweise liefern muss, gilt es für ihn, bei Auktionen auf Ebay sehr genau auf die Einhaltung der Regeln für diese Auktionen, insbesondere für deren Ende, zu achten. Und jeder Verkäufer muss sich darüber klar sein, dass er ein hohes Risiko bei sehr geringen Einstiegspreisen trägt.