GF Sozialversicherungspflicht – auch bei Stimmrechtsbindung?

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Besteht eine Sozialversicherungspflicht eines Geschäftsführers (GF) bei einer Stimmrechtsbindung eines Mitgesellschaftern zu seinen Gunsten?
Das Bundessozialgericht hat ohnehin hohe Hürden errichtet, damit ein GmbH GFr als selbstständig angesehen wird und damit nicht sozialversicherungspflichtig ist. Diese Hürden werden hier für die Situation präzisiert, dass zugunsten eines GF eine Stimmrechtsbindung in Form einer Sperrminorität besteht. Dazu zum Einstieg folgender

⇒ Fall

Nach dem Gesellschaftsvertrag gab es 4 Gesellschafter A, B, C und D;. A hielt 45 % der Geschäftsanteile, B hielt 31 %, C und D hielten jeweils 12 %. A war zusätzlich Geschäftsführer. Für Beschlussfassungen reichte grundsätzlich die einfache Mehrheit. Für einige aufgeführte Angelegenheiten war eine Mehrheit von 80 % der Stimmanteile notwendig.
Es gab zusätzlich eine private Vereinbarung zwischen A und B. B hatte sich darin verpflichtet, „nur im Sinne und nicht gegen den Willen“ des A abzustimmen (Stimmrechtsbindung).
Die Sozialversicherung stellte durch Bescheid fest, dass A in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung sozialversicherungspflichtig ist. A verlor seine Klage dagegen auch in der letzten Instanz beim Bundessozialgericht (BSG).

⇒ Die Entscheidung

Das BSG urteilte, A sei nicht selbständig, sondern abhängig Beschäftigter. Deshalb bestehe für ihn auch als GF Sozialversicherungspflicht. Daran ändere auch die Stellung als Mitgesellschafter nichts.
Das BSG argumentierte das Ergebnis mit Folgendem: Ein GF und Mitgesellschafter ist nur dann selbständig, wenn er über seine Gesellschafterstellung hinaus die Macht hat, das Handeln der GmbH zu bestimmen. Da Gesellschafter mit Mehrheitsbeschlüssen dem Geschäftsführer Weisungen erteilen können, hat er diese Macht nur,
–  wenn er entweder 50 % oder mehr der Geschäftsanteile hält oder
– zwar weniger als 50 % der Geschäftsanteile hält, ihm aber im Gesellschaftsvertrag das Recht    eingeräumt ist, gegen Gesellschafterbeschlüsse mit bindender Wirkung Einspruch einzulegen (sog.     Sperrminorität). Für A trifft beides nicht zu.
Das BSG hat sich weiter auch damit auseinandergesetzt, ob A nicht dennoch selbständig sei, weil er eine faktische Sperrminorität hatte. Sie ergab sich daraus, dass bei einigen Angelegenheiten eine Mehrheit von 80 % der Stimmanteile notwendig war, und A diese Mehrheit immer mit seinen 45 % verhindern konnte.
Dem BSG reichte auch das nicht für eine andere Entscheidung. Weil die 80 % Mehrheit nur für einige ausdrücklich genannte Angelegenheiten vorgesehen war, leitete es daraus nicht eine Macht des A ab, das Handeln der Gesellschaft bestimmen zu können.
Es blieb die private Vereinbarung des A mit B. Auch sie führte nicht zu einer Entscheidung zugunsten des A. Denn diese Vereinbarung trafen A und B außerhalb des Gesellschaftsvertrages. Deshalb war sie jederzeit kündbar und verletzte damit den in der Sozialversicherung geltenden Grundsatz der Vorhersehbarkeit von Leistungen und Beiträgen. Denn dieser Grundsatz hat nach dem BSG zur Folge, dass die Frage einer Versicherungspflicht bei Beginn der Tätigkeit als Geschäftsführer geklärt werden muss.

⇒ Resümee

Die Hürden für die Verneinung der Sozialversicherungspflicht eines GF bleiben auch bei einer Stimmrechtsbindung hoch. Neu sind lediglich die Aussagen des BSG zu einer Vereinbarung über Stimmrechtsbindungen, wenn dem GF „lediglich“ für einige Angelegenheiten eingeräumt ist. Alles andere folgt der seit Jahren vertretenen Sichtweise des Gerichts.
Es ist sicher auch keine Lösung, eine Stimmrechtsbindung anders als im Fall im Gesellschaftsvertrag statt in einer privaten Abmachung zu vereinbaren. Denn es ist ja gerade nicht gewollt, dass diese Absprache transparent wird. Man kann davon ausgehen, dass die Mitgesellschafter C und D nicht gerade begeistert waren, als sie von dieser Vereinbarung erfahren haben.
Die Frage der GF Sozialversicherungspflicht kann eine Gesellschaft von Beginn an mit einem entsprechenden Antrag von der Rentenversicherung klären lassen. Diese wird aber nur in seltenen Fällen eine GF Sozialversicherungspflicht verneinen, weil ihr Blickwinkel durch für sie planbare Beitragszuflüsse geprägt ist.
Das BSG bleibt konsequent. Es bringt wenig, dieser Klärung einer GF Sozialversicherungspflicht in nicht eindeutigen Fällen auszuweichen. Das Risiko, wenn später eine Versicherungspflicht festgestellt wird, ist zu hoch, weil zu teuer. Der bessere Weg ist es, eine Klärung von Anfang an initiieren und dann ggf. gegen das Ergebnis zu klagen.
Zu einer anderen – aber auch vergeblichen – kreativen Idee, die GF Sozialversicherungspflicht zu vermeiden, vgl. > UG Alleingeschäftsführer