Saisonarbeit – auch unbefristeter Arbeitsvertrag ist möglich

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Ausgangssituation: Für Saisonarbeit ist typisch, dass regelmäßig nur für bestimmte Zeiträume des Jahres ein Bedarf an Mitarbeiter:innen besteht. Beschäftigungen in Bädern, zoologischen Gärten oder Gastronomie sind Beispiele. Üblicherweise werden für diese Zeiten jeweils befristete Arbeitsverträge geschlossen. Ein Grund ist die Sorge, mit unbefristeten Arbeitsverträgen Gehalt auch für Zeiten zahlen zu müssen, in denen kein Arbeitsbedarf besteht. Ein weiterer Grund für die Befristungen ist, dass immer wieder unterschiedliche Arbeitnehmer:innen beschäftigt werden. Kann dennoch ein Interesse an unbefristeten Arbeitsverträgen bestehen? Und wenn ja, ist das möglich, ohne dass Gehalt gezahlt werden muss, wenn kein Arbeitsbedarf besteht?
Die Vereinbarung befristeter Arbeitsverträge ist für Arbeitgeber:innen ohne Risiko, obwohl in der jeweiligen Saison häufig dieselben Personen tätig sind. Grundsätzlich ist zwar mit Befristungen, die nacheinander mit derselben Person vereinbart werden, ist ein hohes Risiko verbunden, ungewollt einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen. Aber das Risiko besteht hier nicht, weil objektiv jeweils nur vorübergehend Arbeitsbedarf besteht. Damit gibt es einen sachlichen Grund für die Befristung, und sie ist deshalb zulässig.
Dennoch kann es ein Interesse sowohl von Arbeitgeber:innen als auch Arbeitnehmer:innen an einem unbefristeten Arbeitsvertrag geben. Ein Grund für Arbeitgeber:innen kann ein geringerer administrativer Aufwand sein. Es ergibt sich weniger Aufwand für Arbeitsverträge, An- und Abmeldungen sowie für Bescheinigungen. Auch der Aufwend, Mitarbeiter:innen für die jeweilige neue Saison zu finden, wird geringer. Gründe für beide Seiten können Planungssicherheit oder der Wunsch sein, auch über eine Saison hinaus zusammen arbeiten zu wollen.
Aber auch gute Gründe ändern nichts daran, dass nur saisonal ein Arbeitsbedarf besteht und daher kein Gehalt bezahlt werden kann, wenn die Saison ruht. Ist dennoch ein unbefristeter Vertrag möglich? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass das möglich ist, ohne dass sich für Arbeitgeber:innen oder Arbeitnehmer:innen daraus Risiken ergeben.


⇒ Dazu folgender Fall


Ein Mitarbeiter war mit einem befristeten Arbeitsvertrag als vollzeitbeschäftigter Saisonarbeitnehmer jeweils vom 1.4. bis zum 31.10. eines Jahres eingestellt. Es war auch vereinbart, dass der Arbeitgeber in dringenden Fällen über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus Überstunden anordnen konnte. Darüber hinaus wurden situativ Änderungsverträge abgeschlossen, mit denen der Mitarbeiter über den 31.10. hinaus eingestellt wurde. Es wurden dazu zum Beispiel Einstellungen vom 01.11. bis zum 31.11. oder 15.12. vereinbart. Situativ heißt, dass diese Verträge nur dann geschlossen wurden, wenn in einer Saison vom 1.4.-31.10. in größerem Umfang Überstunden angefallen waren. Die Änderungsverträge dienten in diesem Fällen nur dazu, dass der Mitarbeiter diese Überstunden mit bezahlter Freizeit abfeiern konnte. Er arbeitete nach dem 31.10. nie.
Der Mitarbeiter klagte: Er wollte, dass das Arbeitsgericht Folgendes durch ein Urteil feststellte:
1. Die Befristung seines Arbeitsvertrages bis zum 31.10. sei unwirksam
2. Die Hauptleistungspflichten des Vertrages, nämlich Arbeit und Bezahlung, bestünden auch in der Zeit vom 1.11. – 31.03.
Der Mitarbeiter gewann den Prozess in der ersten Instanz beim Arbeitsgericht (ArbG), in der zweiten Instanz beim Landesarbeitsgericht (LAG) verlor er den Prozess. Beim BAG gewann er mit seinem 1. Antrag, verlor aber mit dem 2. Antrag.


⇒ Die Entscheidung


Das LAG hatte den Arbeitsvertrag als einen bis zum 31.10. befristeten Vertrag angesehen. Deshalb konnten über dieses Datum hinaus auch keine Arbeits- und keine Lohnzahlungspflicht bestehen.
Das BAG hat diese Ansicht aus folgenden Gründen abgelehnt:
* Der Arbeitsvertrag sei unbefristet; lediglich die Hauptpflichten Arbeit und Bezahlung aus dem Vertrag seien auf die Zeit vom 1.4. – 31.10. begrenzt. Im Übrigen bestehe der Arbeitsvertrag über den 31.10. hinaus weiter, aber außerhalb dieser Zeit ruhten die Hauptpflichten.
* Für den Arbeitnehmer sei klar gewesen, das der Zweck des Vertrages nur eine bezahlte Beschäftigung in der definierten Zeit vom 1.4. bis 31.10. war. Dadurch entstünden ihm auch keine Nachteile; er habe außerhalb dieser Zeit die Möglichkeit, Arbeitslosengeld zu beziehen, oder er könne auch andere Beschäftigungsverhältnisse eingehen.
* Es ergebe sich auch nichts anderes daraus, dass nach dem Arbeitsvertrag in dringenden Fällen Arbeit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet werden musste. Diese Vereinbarung habe sich nur auf die Zeit vom 1.4. – 31.10. bezogen. Sie habe auch nur bedeutet, dass der Arbeitgeber das Recht hatte, in dieser Zeit auch Überstunden anzuordnen.
* Schließlich werde die Vereinbarung einer bezahlten Beschäftigung jeweils vom 1.4. – 31.10. auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass situativ Änderungsverträge geschlossen wurden. In den Zeiten dieser verlängerten Einstellungen sei der Mitarbeiter niemals beschäftigt gewesen. Sie hätten nur dazu gedient, dass er Überstunden durch bezahlte Freizeit ausgleichen konnte.


⇒ Resümee


Das BAG hat damit klar entschieden, dass auch Saisonarbeit mit unbefristeten Arbeitsverträgen möglich ist. Die sehr ausführliche Begründung des Urteils ermöglicht es, entsprechende Arbeitsverträge rechtssicher abzuschließen.
Für Mitarbeiter:innen mag die Vorstellung eines unbefristeten Vertrages schwierig sein, weil sie wissen, dass nur vorübergehend Beschäftigung da sein wird, und sie sich die Frage nach einem Einkommen in der übrigen Zeit stellen.
Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, kann man in Gesprächen über einen unbefristeten Vertrag auf die Vorteile verweisen, die für beide Seiten von Interesse sein können. Wegen der Bedenken eines Einkommens kann man auf die Möglichkeit hinweisen, dass außerhalb der Saison auch bei einem unbefristeten Arbeitsvertrag Arbeitslosengeld bezogen werden kann. Denn Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld ist es nicht, dass kein Arbeitsvertrag besteht; Arbeitslosengeld wird vielmehr unter der Voraussetzung gezahlt, dass keine Beschäftigung ausgeübt wird. Wenn außerhalb der Saison andere Beschäftigungen aufgenommen werden wollen, lässt sich das pragmatisch durch kurze Vereinbarungen ermöglichen, wenn die Frage ansteht.