Freigestellt von der Arbeit

Inhaltsverzeichnis

Wann und wie können Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt sein? Haben Mitarbeiter dann immer Anspruch auf ihr Gehalt?

⇒ Überblick, wie Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt sein können
• Aufhebungsvertrag

Mitarbeiter und Arbeitgeber können statt einer Kündigung in einem Aufhebungsvertrag vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis endet.
Vgl. zu Einzelheiten > Arbeitsverträge: Arten, Beendigung, Inhalte
Wenn das Ende noch weiter entfernt ist, stellt sich die Frage, ob der Mitarbeiter bis dahin noch arbeitet. Stattdessen wird häufig vereinbart, dass er bis zum Ende von der Arbeit freigestellt ist.

• Kündigung

Nach einer Kündigung werden Arbeitnehmer häufig bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber von der Arbeit freigestellt, unabhängig davon, wer gekündigt hat. Diese einseitige Freistellung durch den Arbeitgebers ist in der Regel zulässig, weil dieser ein Interesse an der Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen oder ein Interesse am internen Betriebsfrieden geltend machen kann. Anders ist das nur in folgenden Fällen:
> Eine einseitige Freistellung wird unzulässig, wenn Arbeitnehmer einen Kündigungsschutzprozess in der ersten Instanz gewinnen. Dann müssen sie weiterbeschäftigt werden, auch wenn der Arbeitgeber gegen dieses Urteil eine Berufung einlegt. Weigert sich der Arbeitgeber, können Mitarbeiter die Weiterbeschäftigung einklagen.
> Eine einseitige Freistellung wird unzulässig, wenn eine Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Ein Beispiel dafür ist die Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters, ohne dass der Arbeitgeber vorher eine Zustimmung bei der Aufsichtsbehörde eingeholt hat. Weigert sich der Arbeitgeber in solchen Fällen, den Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, kann dieser darauf klagen.
> Schließlich kann eine einseitige Freistellung unzulässig sein, wenn Mitarbeiter ein besonderes Interesse daran haben, ihrer Arbeit weiter nachzugehen. Ein Beispiel dafür ist ein berechtigtes Interesse von Mitarbeitern an dem Erhalt ihres Wissens- und Kenntnisstandes; das kann generell bei langen Kündigungsfristen so sein, insbesondere aber auch bei den Arbeiten, bei denen „es morgen schon anders ist, als es gestern war“, z.B. IT, Elektronik. Arbeitgeber können bei berechtigten Interessen von Mitarbeitern nur versuchen, diesen ein höherwertiges eigenes Interesse entgegen zu setzen. Auch hier kann der Mitarbeiter auf Weiterbeschäftigung klagen.
In all´ diesen Fällen können Mitarbeiter beim Arbeitsgericht eine Weiterbeschäftigung auch mit einer sog. einstweiligen Verfügung erzwingen. Dieser Weg ist sehr viel schneller, als ein normale Prozess.

⇒ Überblick, ob Mitarbeiter ihren Anspruch auf Gehalt behalten, wenn sie von der Arbeit freigestellt sind

> Bei einseitiger Freistellung
Das Gehalt ist bei der einseitigen Freistellung nach einer Kündigung durch den Arbeitgeber in den meisten Fällen weiterzuzahlen. Die Begründung ist, dass der Arbeitgeber mit der Freistellung eine Weiterarbeit ablehnt, der Mitarbeiter aber bis zum Ende der Kündigungsfrist aus seinem Arbeitsvertrag einen Anspruch hat, seine Arbeit auszuführen. Deshalb befindet sich der Arbeitgeber in einem sog. Annahmeverzug.
Ausnahmen davon gibt es nur, wenn Arbeitnehmern vorgeworfen werden kann, dass ihre Arbeitsleistung dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist. Das kann zum Beispiel so sein, wenn ein Arbeitnehmer die Kündigung erhält, weil er während des Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeit ausgeübt hat.
Wenn Arbeitnehmer während der einseitigen Freistellung ihr Gehalt weiter erhalten, aber anderweitig Geld verdienen, müssen sie sich diesen Verdienst anrechnen lassen.
Auch ohne einen anderen tatsächlichen Verdienst kann es sogar sein, dass Mitarbeiter sich einen möglichen Verdienst anrechnen lassen müssen. Das kann passieren, wenn sie sich vorwerfen lassen müssen, sie hätten zumutbare Möglichkeiten gehabt, anderweitig Geld zu verdienen, diese aber nicht genutzt. Denkbar ist dies zum Beispiel, wenn Mitarbeiter nach der Kündigung beim Arbeitsamt arbeitssuchend oder arbeitslos gemeldet sind und freie Stellen angeboten bekommen, sich aber nicht darum kümmern.
> bei vereinbarter Freistellung
Wenn Mitarbeiter mit dem Arbeitgeber eine Freistellung vereinbart haben, verständigen sie sich üblicherweise auch über eine weitere Gehaltszahlung. Dabei kann es Probleme geben; dazu der folgende ⇒ Fall
Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten einen Aufhebungsvertrag über das Ende des Arbeitsverhältnisses geschlossen. Der Arbeitnehmer wurde bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses unwiderruflich von der Arbeit freigestellt. Er erhielt sein monatliches Gehalt weiter.
Nach der Vereinbarung konnte der Arbeitnehmer mit einer Frist von 1 Woche das Arbeitsverhältnis vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt kündigen. In diesem Falle sollte er die Gehälter, die er ohne vorzeitige Kündigung bis zum vereinbarten Ende erhalten hätte, im Umfang von jeweils 30 % als Abfindung erhalten.
Der Arbeitnehmer machte von seinem Kündigungsrecht keinen Gebrauch, er nahm aber während der Freistellung eine andere bezahlte Tätigkeit auf. Der Arbeitgeber erfuhr davon und zog das dort verdiente Geld von seinen Gehaltszahlungen ab. Dagegen klagte der Arbeitnehmer.

⇒ Die Entscheidung

Der Prozess lief über drei Instanzen. Der Arbeitnehmer gewann seinen Prozess beim Arbeits- und beim Landesarbeitsgericht, das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dagegen dem Arbeitgeber Recht. Das BAG begründete sein Urteil mit folgenden Überlegungen:
In einem Aufhebungsvertrag kann ausdrücklich vereinbart werden, dass bei einer Gehaltszahlung während der Freistellung ein anderweitiger Verdienst angerechnet wird. Ausdrücklich war das war hier aber nicht geschehen.
Eine Anrechnungsmöglichkeit kann sich aber auch aus einer Auslegung eines Aufhebungsvertrages ergeben. In diesem Fall war das nach dem BAG so. Denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer waren bei der Vereinbarung davon ausgegangen, das der Mitarbeiter vorzeitig eine neue Anstellung finden würde. Deshalb hatte der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu kündigen. Diese Vereinbarung entsprach somit dem Interesse des Arbeitnehmers, vorzeitig ausscheiden und anderweitig tätig sein zu können; sie entsprach gleichzeitig dem Interesse des Arbeitgebers, in diesem Falle die Zahlung von Gehältern einzusparen. Deshalb war die Vereinbarung jedenfalls so zu verstehen, dass ein Einkommen, das der Mitarbeiter bei einer vorzeitigen Kündigung erzielt hätte, auch dann anzurechnen ist, wenn der Mitarbeiter von seiner Kündigungsmöglichkeit keinen Gebrauch macht. Denn anderenfalls kann der Mitarbeiter den Sinn der Vereinbarung umgehen.
Das BAG hat in diesem Zusammenhang aber auch noch einmal betont, dass Arbeitgeber in der Regel keine Möglichkeit haben, anderweitigen Verdienst für eine Anrechnung zu berücksichtigen, wenn sie es nicht ausdrücklich vereinbaren. Davon gibt es nur die Ausnahme, dass sie immer dann einen anderen Verdienst anrechnen können, wenn Arbeitnehmer während einer Freistellung eine Konkurrenztätigkeit ausüben. Solange ein Arbeitsverhältnis besteht, ist Konkurrenztätigkeit immer unzulässig.
Allgemein zum Konkurrenzverbot im Arbeitsverhältnis > Wettbewerbsverbote
Zu Besonderheiten bei Geschäftsführern > GF Entschädigung bei Wettbewerbsverbot nur wenn vereinbart
Im Fall hatte der Arbeitnehmer keine Konkurrenztätigkeit ausgeübt, eben deshalb hatten Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht zu seinen Gunsten entschieden. Beide Gerichte hatten aber das Motiv für die Vereinbarung übersehen und daher unzulässig die Interessen des Arbeitgebers völlig außen vor gelassen.

⇒ Konsequenzen

Bei Vereinbarungen über die Beendigung werden sinnvollerweise eindeutige Regelungen zu einer Anrechnung anderweitiger Verdienste auf weiterlaufende Gehaltszahlungen geregelt.
Für Arbeitgeber empfiehlt sich bei wettbewerbsrelevanten Aufgaben immer, zusätzlich ausdrücklich zu vereinbaren, dass bei einer Freistellung eine Konkurrenztätigkeit untersagt ist. Die Empfehlung gilt auch, wenn bereits im Arbeitsvertrag ein Konkurrenzverbot vereinbart wurde, und obwohl eine Konkurrenztätigkeit ohnehin unzulässige ist. Die Erfahrung zeigt, dass die Hemmschwelle zu einem Verstoß nach einem vereinbarten oder gekündigten Ende eines Arbeitsverhältnisses niedriger ist. Der Schaden durch eine Konkurrenztätigkeit ist regelmäßig hoch, und er wird nicht allein durch eine Anrechnungsmöglichkeit eines Entgeltes aus einer Konkurrenztätigkeit kompensiert.