GF Kündigungsschutz Mutterschutz Schwerbehindertenschutz

Inhaltsverzeichnis

Das Thema Geschäftsführer (GF) Kündigungsschutz Mutterschutz Schwerbehindertenschutz klärt den Begriff Kündigungsschutz und beantwortet die Fragen,
ob es überhaupt einen Kündigungsschutz für GF gibt und / oder ob jedenfalls persönlichen Belastungen durch Schutzvorschriften Rechnung getragen wird.

⇒ Kündigungsschutz, Abgrenzung des Themas

Eine Kündigung ist zunächst nichts anderes als eine Willenserklärung. Sie muss wie jede andere Willenserklärung auch, z.B. bei Verträgen, wirksam sein.
Dazu muss eine dazu berechtigte Person die Erklärung abgegeben haben; hier können sich Fragen einer wirksamen Vertretung stellen. Die Erklärung muss des Weiteren dem anderen zugegangen sein, sie muss ggf. einer bestimmten Form genügen, und sie muss ggf. innerhalb einer Frist abgegeben werden.
Vgl. zu einer notwendigen Schriftform > Arbeitsvertrag Inhalte Beendigung Arten
Vgl. zu einem notwendigen Zugang > Wann geht eine Kündigung zu?
All´ diese Fragen sind keine Themen eines GF Kündigungsschutzes.
Bei diesem geht es darum, ob es einen besonderen Bestandsschutz für das Anstellungsverhältnis selbst gibt, insbesondere nach dem für Arbeitnehmer geltenden Schutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG).
Einen GF Kündigungsschutz wie auch Mutterschutz Schwerbehindertenschutz in diesem Sinne gibt es nur beim Arbeitsgericht, nicht beim Zivilgericht (Landgericht pp). Arbeitsgerichte entscheiden aber nur über Kündigungen von Arbeitnehmern, die Wirksamkeit der Kündigungserklärung selbst ist dann natürlich auch Thema. Sind GF aber keine Arbeitnehmer, entscheiden über Kündigungen die Zivilgerichte; aber sie entscheiden nur über die Wirksamkeit der Kündigungserklärung selbst und ggf. darüber, ob Kündigungsfristen eingehalten sind.

⇒ Dazu folgender Fall

Ein GF einer GmbH hatte namentlich einen Dienstvertrag – nicht einen Arbeitsvertrag! – abgeschlossen. Er kündigte diesen Anfang Juli zum Ende des nächsten Jahres. Am Ende desselben Monats kündigte die GmbH das Anstellungsverhältnis fristlos. Die Gesellschafterversammlung berief den GF am selben Tag ab. Der Geschäftsführer klagte gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht.
Er nahm für sich mit der Begründung Kündigungsschutz in Anspruch, dass die Gesellschafter ihn sehr eng geführt hätten. So habe er Präsentationen oder Tischvorlagen überarbeiten müssen. Auch die Tatsache, dass er von den Gesellschaftern abberufen wurde, belege seine hohe Abhängigkeit von diesen. Schließlich sie die Kündigung auch unwirksam, weil das Integrationsamt ihr nicht zugestimmt habe, obwohl er mit einem Grad von 50% schwerbehindert sei. Auch seien seine Einkünfte als GF für ihn eine wirtschaftliche Existenzgrundlage, so dass er auch insofern in hohem Maße abhängig gewesen sei.

⇒ Die Entscheidung

Der Prozess lief über drei Instanzen, wesentliches Thema war die Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts: Während Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht sich jeweils für zuständig hielten, war das Bundesarbeitsgericht (BAG) der Meinung, die Arbeitsgerichte seien nicht zuständig. Deshalb verwies das BAG den Rechtsstreit an das Landgericht zurück.
Weil Arbeitsgerichte nur über die Kündigungen von Arbeitnehmer entscheiden, ging es also um die Frage, ob der GF Arbeitnehmer war. Das deutsche Arbeitsrecht definiert den Arbeitnehmer wesentlich darüber, in welchem Ausmaß jemand bei der Ausführung seiner Aufgaben weisungsgebunden ist. Insbesondere ist entscheidend, ob Durchführung, Inhalte sowie Zeit und Ort der Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmt werden können (≠ Arbeitnehmer) oder nicht (= Arbeitnehmer).
Da ein GF Vertreter der GmbH ist (§ 35 GmbHG), kann er im wesentlichen frei seine Tätigkeit bestimmen und zunächst einmal kein Arbeitnehmer.
Wenn der GF dagegen damit argumentierte, er sei eng geführt worden, zielte er auch auf den Arbeitnehmerbegriff im EU-Recht, der weiter gefasst ist als der deutsche. Danach ist ein Arbeitnehmer eine Person, die während einer bestimmten Zeit für andere nach deren Weisung Leistungen erbringt und dafür eine Vergütung erhält.
Die sich anschließende Frage, welcher Arbeitnehmerbegriff denn nun gilt, beantwortet sich nach dem BAG mit dem Ergebnis, dass für die Zuständigkeit des Gerichts der deutsche Arbeitnehmerbegriff gilt.
Dagegen gilt zum Beispiel für die Frage eines Mutterschutzes der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff. Mit dieser Begründung hat deshalb der europäische Gerichtshof (EuGH) eine Kündigung einer schwangeren GF nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) für unwirksam erklärt.
Der GF hatte im Fall mit Beispielen seiner vermeintliche engen Führung auch versucht, den deutsche Arbeitnehmerbegriff bei ihm zu belegen. Das BAG urteilte dazu: Der GF hat nicht vorgetragen, dass seine gesamte Tätigkeit wesentlich durch eine enge Führung geprägt gewesen ist; deshalb gilt er auch nicht als Arbeitnehmer nach dem deutschen Recht.
Im Übrigen ist der GF nach dem BAG auch nicht deshalb Arbeitnehmer, weil er als GF abberufen wurde. Die Begründung lautet, dass die Abberufung aus einem Dienstvertrag keinen Arbeitsvertrag macht; sie ist vielmehr ein im GmbHG vorgesehener Mechanismus zur Regelung des Verhältnisses von Gesellschaftern und GF. Danach bestellen die Gesellschafter den GF, und sie können die Bestellung jederzeit widerrufen.
Zum Unterschied zwischen Bestellung und Widerruf einerseits und Abschluss sowie Kündigung des Anstellungsvertrages andererseits vgl.
> Abberufung Geschäftsführer-Abgrenzung zum Anstellungsvertrag
Dem GF blieb im Prozess danach nur noch die Möglichkeit, als sog. arbeitnehmerähnliche Person angesehen zu werden. Auch für sie sind die Arbeitsgerichte zuständig. Begrifflich geht es dabei um Selbstständige, die wirtschaftlich ähnlich abhängig sind wie Arbeitnehmer. Das ist z.B. bei Handelsvertretern der Fall, die nur für eine Firma tätig sind. Auch darauf wollte der GF mit dem Argument hinaus, seine Einkünfte stellten seine Existenzgrundlage dar.
ABer auch das sah das BAG anders: Die vertraglichen Bezüge führen zwar zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit. Aber nach dem GmbHG vertritt der GF die Gesellschaft. Die damit verbundenen Kompetenzen sind arbeitgeberähnlich, nicht arbeitnehmerähnlich.
Weil im Ergebnis der GF nicht als Arbeitnehmer gesehen wurde, musste auch das Integrationsamt der Kündigung nicht zustimmen. Bei Schwerbehinderten ist eine Zustimmung vor einer Kündigung notwendig. Dieser Schutz gilt aber nur für Arbeitnehmer und in diesem Zusammenhang gilt der deutsche Arbeitnehmerbegriff.
⇒ Resümee
Wenn GF einen Kündigungsschutz Mutterschutz oder Schwerbehindertenschutz geltend machen wollen, sind die Hürden hoch: Sie müssen einen detaillierten Vortrag liefern und ggf. beweisen, dass sie mit einer durchgehenden engen Weisungsgebundenheit tätig waren. Der Vortrag im Fall war schlicht zu dünn.
Der Fall macht aber auch deutlich, dass es bei entsprechenden Rahmenbedingungen aus taktischen Gründen Sinn machen kann, als GF bei einer Kündigung zu überlegen, ob man Klage vor dem Landgericht oder dem Arbeitsgericht erhebt. Ist die Arbeitsgerichtsbarkeit nicht zuständig, ist der Prozess noch nicht verloren. Er wird, wie hier vom BAG, an das Zivilgericht verwiesen.
Es kann sich im Übrigen eine grundsätzlich andere Situation ergeben, wenn Arbeitnehmer zu GF berufen werden, ohne dass gleichzeitig ein Arbeitsvertrag durch einen Dienstvertrag ersetzt wird. Dann ruht der Arbeitsvertrag und lebt wieder auf, wenn eine Abberufung von der GF Funktion erfolgt. (vgl. dazu den Link oben Abberufung Geschäftsführer-Abgrenzung zum Anstellungsvertrag).
Der Arbeitnehmerbegriff spielt auch eine Rolle, wenn es um die Sozialversicherungspflicht von Geschäftsführern geht; die im Sozialrecht dafür geltende Definition ist wiederum eine andere.
Dazu > GF Sozialversicherung Alleingesellschafter UG>