Kündigung des Arbeitsvertrages: Wann geht eine Kündigung zu?

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Wann ist die Kündigung eines Arbeitsvertrages zugegangen?
Es ist wichtig, den Tag des Zugangs zu kennen. Denn ob eine Kündigung wirksam ist, oder ob sie wirksam wird, hängt von Fristen ab, die nach diesem Tag beginnen.

⇒ Bedeutung des Zugangs, Berechnung von Fristen

Bei einer ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung beginnt die Kündigungsfrist nach dem Tag des Zugangs. Gilt zum Beispiel eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende, ist eine Frist zum 31.1. nicht eingehalten, wenn die Kündigung erst am 1. Januar zugegangen ist; sie muss spätestens am 31.12.zugehen.
Welche Kündigungsfristen bei einer ordentlichen Kündigung gelten, ergibt sich aus dem
– Arbeitsvertrag,
– aus einem Tarifvertrag
– oder aus einer Betriebsvereinbarung.
Vgl. dazu > Arbeitsvertrag Inhalte, Beendigung, Arten
Speziell zu Betriebsvereinbarungen auch > Betriebsvereinbarungen: Günstigkeitsprinzip
Bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung gibt es eine wichtige 2 Wochen Frist. Will ein Arbeitgeber (ArbG) fristlos kündigen, muss die Kündigung dem Mitarbeiter (MA) innerhalb von 2 Wochen zugegangen sein, nachdem der ArbG den Kündigungsgrund kannte. War z.B. der Kündigungsgrund am 4. April 2023 bekannt, muss die fristlose Kündigung dem MA spätestens am 18. April 2023 zugegangen sein.
Die Berechnung einer Kündigungsfrist ändert sich nicht, wenn der letzte Tag ein Werktag einschließlich Samstag, ein Sonntag oder ein Feiertag ist.
Will ein MA gegen eine Kündigung klagen, hat er dafür 3 Wochen Zeit. Ist ihm beispielsweise eine Kündigung am 14. April 2023 zugegangen, muss seine Klage spätestens am 5. Mai 2023 beim Arbeitsgericht eingehen.
Bei der Berechnung der Klagefrist endet diese, anders als bei einer Kündigungsfrist, erst am folgenden Montag, wenn der letzte Tag ein Samstag, ein Sonntag oder ein Feiertag ist.
Es kann ein Problem sein, an welchem Tag eine Kündigung zugegangen ist. Dazu folgender

⇒ Fall

Ein ArbG kündigte einem MA fristlos. Die Firma des ArbG´s lag in Baden-Württemberg, der MA wohnte in Frankreich im Ort B. In B werfen Mitarbeiter der Post die Sendungen üblicherweise täglich bis 11 Uhr in die Briefkästen. Der ArbG ließ die Kündigung in B an einem Freitag, 27.1., um 13:25 Uhr in den Briefkasten des MA einwerfen.
Der MA klagte gegen die Kündigung. Die Klage ging am 20.2., einem Montag, beim Arbeitsgericht ein.
Der ArbG argumentierte im Prozess: Da die Kündigung am Freitag, dem 27.1., zugegangen ist, hätte die Klage innerhalb von 3 Wochen , also spätestens am Freitag, dem 17.2., beim Arbeitsgericht eingehen müssen.
Der MA argumentierte: Die Kündigung ist nicht am Freitag, dem 27.1., zugegangen, sondern erst am Samstag, dem 28.1.. Deshalb hat die 3 Wochen Frist erst am Samstag, dem 18.2., geendet. Da dieser Tag ein Samstag war, ist die Klagefrist erst am folgenden Montag, dem 20.2., abgelaufen.
Der Prozess wurde über 3 Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht (BAG) geführt. In der ersten und zweiten Instanz, beim Arbeitsgericht(ArbG) und beim Landesarbeitsgericht (LAG), verlor der MA den Prozess. Das BAG gab dem MA dagegen Recht

⇒ Die Entscheidung

Nach Meinung des ArbG und LAG war die Kündigung bereits am 27.01., also am Freitag, zugegangen. Danach kann generell damit gerechnet werden, dass Schriftstücke, die bis 17:00 Uhr in den Briefkasten geworfen werden, noch am selben Tag zur Kenntnis genommen werden. Das ergibt sich daraus, dass Briefkästen üblicherweise nach Rückkehr von der Arbeit geleert werden.
Das BAG argumentierte dagegen: Bei dieser Sichtweise werden viele Arten von Beschäftigungen gar nicht berücksichtigt, so die Arbeit im Home-Office, geringfügig Beschäftigte, Schicht- und Teilzeitarbeitnehmer. Die Frage, wann Schriftstücke zugegangen sind, muss deshalb nach den Gegebenheiten bei den Bewohnern in einer konkreten Region beantwortet werden. Es gibt keine generelle Regel, ab welchem Zeitpunkt noch mit einer Kenntnisnahme eines Schriftstücks gerechnet werden kann, nachdem es in einen Briefkasten eingeworfen wurde.

Praktische Konsequenzen

Es ist schwierig, mit einer Rechtsprechung umzugehen, nach der es keine allgemeingültigen Regeln für einen Zugang gibt. Das ist insbesondere auch deshalb ein Problem, weil ArbG oder auch MA, die ihre Kündigung zustellen, in einem Prozess sowohl den Zugang selbst als auch den Zugangszeitpunkt beweisen müssen. Da in dem entschiedenen Fall feststand, dass im Ort B üblicherweise bis 11:00 Uhr die Post in den Hausbriefkästen liegt, musste deshalb der ArbG beweisen, dass er trotz Einwurfes erst um 13:25 Uhr davon ausgehen konnte, dass der MA noch am selben Tag die Kündigung liest.
Bei einem Einwurf um 13:25 Uhr in Deutschland werden Gerichte wohl mehrheitlich einen Zugang noch an diesem Tage annehmen. Die Zeiten, dass die Sendungen bereits bis mittags in den Briefkästen lagen, sind in den meisten Regionen vorbei. Mit den neuen privaten Zustelldiensten außer der Post gilt das erst recht. Aber ist das sicher? Es mag auch in Deutschland Regionen wie den Ort B in Frankreich geben, in denen nur mit einem Einwurf am späten Vormittag sicher von einer Kenntnisnahme noch an diesem Tag ausgegangen werden kann.
Mit dieser Rechtsprechung gibt es absolute Sicherheit nur, wenn Schriftstücke jedenfalls bis 12:00 Uhr zugestellt werden. Die Besonderheit im Fall, dass in B. jeweils schon bis 11:00 Uhr zugestellt wurde, kann man insoweit vernachlässigen; bis 12:00 Uhr reicht immer.
Die sicherste Zustellmethode ist die mit Boten oder Kurier. Sie hat den Vorteil, dass diese einen Vermerk erstellen, wann welches Schriftstück in den Briefkasten eingeworfen wurde. Diese Sicherheit bieten weder Einwurfeinschreiben noch Einschreiben mit Rückschein der Post.
Im Übrigen sollte generell bei Fristen nicht der letzte Tag ausgereizt werden.